Are 7025 CD: Unterm Sternenlicht, Werke von Younghi Pagh-Paan und Isang Yun, Michael Pattmann, Schlagzeug, Dominik Susteck, Orgel
Younghi Pagh-Paan – Unterm Sternenlicht (2009) für Orgel
Isang Yun – Fragment (1975) für Orgel
Younghi Pagh-Paan – Ta-Ryong IV (1991) für Schlagzeug
Isang Yun – Tuyaux sonores (1967) für Orgel
Younghi Pagh-Paan – Bleibt in mir und ich in euch (1996/2007) für Orgel und Schlagzeug
Michael Pattmann, Schlagzeug
Dominik Susteck, Orgel
Are 7025
EAN: 4025034270256
Exemplarisch demonstrieren das die Stücke von Younghi Pagh-Paan und Isang Yun, die bei Pagh-Paan seit den 1980er, bei Yun bereits seit den 1960er Jahren entstanden. Denn in ihnen begegnen sich zwei verschiedene Musikkulturen: die traditionelle koreanische und die westliche Moderne. Younghi Pagh-Paan und Isang Yun haben ähnliche Biografien. Sie hatten zunächst eine Ausbildung in Korea absolviert. Dann setzten sie ihr Studium in Deutschland fort. Beide blieben hier, sie etablierten sich mit ihren Kompositionen im westlichen Musikbetrieb und sie waren auch bedeutende Lehrer-Persönlichkeiten. Und bei beiden fließen die Erfahrungen mit der östlichen und der westlichen Musikkultur gleichberechtigt in die Klanggestalt der Werke ein.
Die Elemente der verschiedenen Traditionen behalten dabei ihr Eigenes, und zugleich beleuchten sie sich gegenseitig in ihren Besonderheiten.„Ich möchte keine Musik schreiben, die mich von dem entfernt, was mir als Wurzel unserer koreanischen Kultur innewohnt“, das hat Younghi Pagh-Paan immer wieder betont. Die innige Anbindung an die ostasiatische Musiktradition beherrscht das gesamte Werk der Komponistin, und sie hat sich mit dieser Haltung einen ureigenen Platz in der Neue-Musik-Szene erobert.
Younghi Pagh-Paan stellt im Orgelwerk „Unterm Sternenlicht“ von 2010 den Einzelton als sozusagen lebendiges Wesen in den Vordergrund. Die Komponistin schichtet hier mehrere solcher Einzeltöne übereinander, wobei ein klangfarblich sehr komplexes Gebilde entsteht.Als Isang Yun 1957 nach Deutschland kam, wollte er ganz ähnliches erreichen. Er war der erste ostasiatische Komponist, der sich in der westlichen Neue-Musik-Szene mit den Differenzen der Musiktraditionen in Ost und West kompositorisch auseinandergesetzt hat. Wichtig war ihm vor allem die ostasiatische Vorstellung vom Ton: Yun verstand ihn nicht als eine abstrakte Größe. Er betrachtete ihn als ein lebendiges Phänomen, das stets einen ganzen Kosmos in sich trägt, den man entfalten könne, so auch in seinem 1975 entstandenen „Fragment“.
In der Partitur von Isang Yuns Orgelstück „Tuyaux sonores“ von 1967 findet man keine Noten, sondern runde und eckige Röhren unterschiedlicher Länge. Musik als Zeichnung, also grafisch zu notieren, ist eine Errungenschaft der westlichen Avantgarde-Musik. Bei einer solchen Notation sind die Töne nicht genau festlegt. Das wiederum ähnelt der ostasiatischen Auffassung vom Ton als etwas nicht Festgeschriebenes, als etwas Freies und Flexibles.
In dem gut dreiminütigen Stück „Ta-Ryong IV“ für Schlagzeug von Younghi Pagh-Paan kommt die Anbindung an das östliche musikalische Denken geradezu plakativ zum Ausdruck. Younghi Pagh-Paan komponiert mit archaischen Volksmusik-Elementen und verwendet spezielle Rhythmen, die eine enge Beziehung zum Schamanismus haben.Im 2007 entstandenen Stück „Bleibt in mir und ich in euch“ für Orgel und Schlagzeug äußert sich das durch einen ungewöhnlich breit gefächerten Klangraum, der die ostasiatische Vorstellung eines kosmischen Klangraums symbolisieren soll.
Hanno Ehrler
Unterm Sternenlicht
Pagh-Paan has been composing since the 1980s and Yun began in the 1960s. Two distinct musical cultures come together in these works: traditional Korean elements and European Modernism. The two composers have similar biographies. They completed initial studies in Korea and continued thereafter in Germany, where they both remained, establishing careers as composers and becoming well-known teachers. In the music of both composers, their experiences with eastern and western musical cultures flow together. The elements of the two traditions retain their identity and at the same time illuminate their common characteristics.
“I do not want to write music that removes me from the roots of Korean culture that live within me,” Pagh-Paan has repeatedly emphasized. This intimate connection to eastern musical traditions dominates all the works by this composer and has given her a unique place in the New Music scene.
In her organ work Unterm Sternenlicht [Beneath Starlight] from 2010, Pagh-Paan places a single tone in the foreground as a kind of living creature. The composer then superimposes many similar individual pitches, creating thereby a very complex and colorful structure.
In 1957, when Isang Yun came to Germany, he had similar ambitions. He was the first East Asian composer in the western New Music scene to confront in his works the differences that exist between eastern and western musical cultures. Important for him was the East Asian concept of pitch: Yun did not view it as an abstract entity. He considered it a living phenomenon that always carries in itself an entire cosmos waiting to be unfolded – as in his Fragment from 1975.
In the score for Isang Yun’s Tuyaux sonores [Tubular Sonorities] from 1967, one does not find notes, but tubular round and rectangular symbols of differing lengths. Music notated graphically is a creation of the western avantgarde. In this type of notation, the pitches are not fixed. This in turn resembles the East Asian attitude toward pitch as something that cannot be exactly described, as something free and flexible.
In Younghi Pagh-Paan’s three-minute work for percussion, Ta-Rong IV, the connection to eastern musical thinking is clearly expressed. Pagh-Paan composes with archaic elements of folk music and employs special rhythms with a close relationship to Shamanism.
In Bleibt in mir und ich in euch [Stay in Me and I in You] for organ and percussion from 2007, Pagh-Paan expresses this perspective through an unusually expansive range of sounds that symbolize the eastern concept of a sound-space cosmos.
Hanno Ehrler
English translation by John Patrick Thomas and W. Richard Rieves